Dienstag, 3. November 2015

Von Kürbissen und einem Nachtgespenst

Von Kürbissen und einem Nachtgespenst

Endlich vorbei. Süßes oder Saures ... Süßes oder Saures ... ja watt denn nun. Das Fräulein Grete Meier starrte in die halbwegs geleerte Schüssel mit dem Süßkram, die auf ihrer Flurkommode stand. Süß ist besser, entschied sie und schnappte sich einen Riegel Kinderschokolade. Lieber wäre ihr zwar jetzt ein Stück Marzipan gewesen, aber nach all der Aufregung ... in der Not ... Schoki ist Schoki. Ob der Kaffee in der Kanne wohl noch heiß ist? War er natürlich nicht mehr, aber immerhin lauwarm. Grete nahm sich einen Becher und füllte ihn mit dem Rest aus der Kanne. Feuerzeug, eine Zigarette, schnell noch die Jacke übergeworfen und ... aah - die Luft auf dem Balkon tat so richtig gut. Grete beugte sich über das Geländer. Die
Straße, vor einer halben Stunde noch voller lärmender Kinder und Jugendlicher in den abstrusesten Kostümen, lag nun vollkommen ruhig unter ihr. Lediglich eine einsame Gestalt, in einem Hexenkostüm an der beleuchteten Bushaltestelle gegenüber, legte noch Zeugnis ab, von dem turbulenten Geschehen der letzten Stunden.  Langsam gewöhnten sich Gretes Augen an die Dunkelheit. Die Straßenlaternen hinterließen einen gelblichen Schimmer auf dem Asphalt, ein Auto zog eine rote Lichtspur nach sich. In einigen Vorgärten leuchteten noch die Kürbisse als letzte Zeugen eines völlig sinnfreien Abends. Grete mag dieses Halloweengedöhne nicht besonders. "Neumodischer Kram", hatte sie morgens im Büro noch zu Eido und Berta gesagt."Da mache ich nicht mit!"
Der kleine Plastikkürbis, den ihr die Heidi Seelig auf den Schreibtisch gestellt hatte, wurde kommentarlos von ihr in der Schublade versenkt. Was ihr einen missbilligen Blick eingebracht hatte. Immerhin, das Bild von Susis kleiner Anna, welches diese ihr über Whatsapp geschickt hatte,  hatte ihr dann doch ein kleines Lächeln entlockt. Zu allerliebst hatte die Kleine aber auch in dem Kürbiskostüm ausgesehen. 
Grete drückte die Zigarette aus und stellte den Kaffeebecher auf der Balkonbrüstung ab. Grete griff in die Jackentasche. Das Display ihres  Handys leuchtete im Dunkeln auf. Wo ist es denn nur nur ... Jaaa, Anna strahlte sie mit großen Augen und einer orangen Kürbismütze an. Grete wischte zweimal mit einem Finger nach rechts.Nein, wie süß. Luis als Nachtgespenst. Herrlich, wie der drollige kleine Kerl vorhin vor ihrer Tür gestanden hatte. Natürlich in Begleitung von Herrn Heber. Immer wieder hatte er auf den Klingelknopf geedrückt und "Süßes oder Saures" durch den Hausflur gebrüllt. Immer wieder unterbrochen von einem schaurigen "huhuhuhu". 
Jetzt, so im Nachhinein, war Grete ganz froh, dass sie auf Onkel Günther gehört hatte. "Grete", hatte er bei einem Telefonat  nachmittags gesagt, "Grete, das kannste nicht machen. Man muss auch mal alle Fünfe grade sein lassen und mit der Zeit gehen. Wo doch die Kinder so viel Spaß an diesem Hällowien haben. Tante Heidi ist ja auch immer so dagegen. Aber heut isse nicht da. Und ich hab vorhin jede Menge Süßkram besorgt. Das wird lustig. Nu spring mal über deinen Schatten. Süßigkeiten kannste doch wohl jetzt noch beschaffen. Denk mal an den Luis. Du hast mir doch erzählt, dass Frau Heber ihm ein Kostüm genäht hat. Der klingelt doch bestimmt bei dir an der Tür. Was meinste, wie der enttäuscht ist, wenn er dich nicht erschrecken kann!"
Tja, und weil die Grete das natürlich in keinem Fall wollte, war sie über ihren Schatten gesprungen. Und hatte sogar Spaß an der der ganzen Klingelei und den "Süßes oder Saures - Rufen" gehabt. Riesenspaß. Aber sowas von. 




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