Freitag, 27. Dezember 2013

Von Eierpunsch und falschen Geschenken

Von Eierpunsch und falschen Geschenken

Uff, dachte das Fräulein Grete Meier, geschafft. Wieder mal. Das Fest der Liebe, also Weihnachten, ist vorbei. Völlig in Gedanken an die letzten Tage versunken, rührte die Grete in ihrem Lieschentee. Viel war nicht passiert, zumindest kaum etwas, was nicht auch in den letzten Jahren zum Weihnachtswahnsinn gehört hätte. Denn egal was auch Heiligabend tagsüber passiert, abends haben sich eh wieder alle lieb. Liegt wohl in der Natur der Menschen. Grete regt sich über so etwas wie mittlere Katastrophen schon lange nicht mehr auf. Irgendwie findet sie es sogar lustig, wenn sich Tante Heidi und Onkel Günther in die Haare kriegen, weil der Baum entweder zu groß geraten oder zu klein ist. Dieses Jahr war er zu groß. "Die Kugeln reichen nicht", tönte Tante Heidi. "Und überhaupt, ich habe zu wenig Kerzen!" Natürlich reichten die Kugeln und zu den Kerzen (solche modernen mit Batterie) gesellte sich kurzerhand eine alte Lichterkette. Die natürlich total verheddert war. Mit drei kaputten Birnchen. Also musste Onkel Günther nochmal los, Ersatz besorgen. Im Endeffekt erstrahlte, pünktlich zum abendlichen Essen, der Weihnachtsbaum dennoch im alljährlichen Glanz. So endete der Abend friedlich, so wie jedes Jahr. Die Grete blieb über Nacht und fuhr erst wieder nach einem ausgedehnten Frühstück nach Hause. Dort machte sie es sich auf der Couch bequem, mit Tante Heidis Makronen und selbstgemachtem Eierpunsch. Immerhin, Weihnachten haben die Sendeanstalten ja doch einiges an schönen alten Filmen zu bieten. Weihnachtsfilme mag die Grete nämlich sehr. Braucht sie sonst im Jahr keinerlei Herz-Schmerz-Gedöhne, an solchen Tagen passt es einfach. Abends hat sie dann noch eine ganze Stunde mit Lieschen telefoniert. Kein skype, denn Lieschen hat noch keinen Internetanschluss. "Wird wohl noch ein bisschen dauern Grete." Lieschen hat sich schon etwas eingelebt, was die Grete ungeheuer beruhigt hat.
Am zweiten Weihnachtstag hat die Grete dann alles für den obligatorischen Weihnachtskaffee vorbereitet. Hat sich in den letzten Jahren so ergeben, dass sich die Hebers, Frau Korters, und nicht zu vergessen der Herr Heinevetter bei der Grete nachmittags zum Punsch trinken treffen. Es wird gewichtelt und alle haben Spaß. Dieses Jahr war es besonders lustig, weil Luis alle auf Trab hielt. Herr Heinevetter hat ihm nämlich eine kleine Trommel gekauft, die er ausgiebig bearbeitete.
Zufrieden mit sich und der Welt dachte die Grete daran, wie glücklich die junge Frau Heber ausgesehen hatte. Entgegen aller Unkenrufe und Befürchtungen was die liebe Schwiegermutter anging, war der Heiligabend doch ein voller Erfolg gewesen. "Stellen sie sich mal vor, Frau Meier, sogar in den Arm genommen hat sie mich. Und meine Gänsekeulen haben ihr auch geschmeckt. Und schauen sie nur, dieses hübsche Armband hat sie mir geschenkt." Stolz hatte sie dabei ihre Hand der Grete entgegengestreckt, an dem ein silbernes Arband mit kleinen Anhängern glänzte. Herr Heinevetter hatte den Heiligabend bei seinem Neffen verbracht. "Ist wirklich ein lieber Junge, Frau Meier. Und so einen netten Freund hat der jetzt. Ganz verliebt sind die zwei." Später kam dann noch Herr Wenig vorbei. Aber nur kurz, denn er musste wieder ins Krankenhaus zurück. "Schade um den Punsch, liebe Frau Meier, aber Alkohol ist tabu wenn ich arbeiten muss."
Nun, der Kinderpunsch, den die Grete extra für Luis gemacht hatte, schmeckte dann auch dem Herrn Wenig. 
Der Tag heute im Büro war auch sehr ruig verlaufen. alle waren immer noch in dieser friedlichen Weihnachtsstimmung gewesen. Nur der Chef nicht. Grete fragte aber nicht nach. Sie konnte sich schon denken, was los ist. Ist nämlich jedes Jahr so. Im Grunde mag sie die Frau vom Chef. Ist eine ganz nette, wie sie immer sagt. Scheinbar schafft der Chef es aber nie, das richtige Geschenk für seine Frau auszusuchen. Ergo hängt jedes Jahr der Haussegen schief. Geburtstag, Hochzeitstag, ja, da besorgt die Grete das passende Geschenk. Aber Weihnachten? Nee, Chef, sagt sie immer wenn er fragt, das machen sie mal schön selber. Weihnachtsgeschenke muss man selber aussuchen und auch selber verpacken.. Da ist die Grete eigen drin. Und wirklich, der Chef gibt sich immer alle Mühe. Doch was er auch veranstaltet, das Fettnäpfchen ist nicht weit. "Echt jetzt, Frau Seelig, letztes Jahr waren es die teuren Diätbücher und der Weightwatcherskurs. Und obwohl sie wochenlang von nix anderem gesprochen hat, als dass sie unbedingt abnehmen will, hat sie die Bücher aus dem Fenster geschmissen. Muss man nicht verstehen, oder?" Heidi Seelig allerdings verstand die Reaktion.
Egal, dachte die Grete, stellte ihre leere Tasse in die Spüle und schnappte sich den neuen Krimi ("Noah" von Sebastian Fitzek), den sie beim Wichteln ergattert hatte.
Jetzt kann es kommen, das neue Jahr. Dabei schmunzelte sie und schlug das Buch auf. 

Dienstag, 17. Dezember 2013

Von einem ewigen Dilemma

Von einem ewigen Dilemma

Müde war das Fräulein Grete Meier gestern abend gewesen. So müde, dass sie der Frau Heber im Hausflur nur kurz zugenickt hatte. Erst als die Grete in ihrer Küche vor einer Tasse Lieschentee saß und so langsam einen Gang wieder runterschaltete, kam ihr der merkwürdige Gesichtsausdruck von Frau Heber wieder in den Sinn. Abwesend. Ja, genau das war das richtige Wort. Abwesend und irgendwie genervt. Was da wohl los sein mochte?
"Grete", murmelte sie vor sich hin, "Grete nich schon wieder. Das geht dich nix an. Rein gar nix. Halt dich da raus. Besser isses!"  Grete verscheuchte jeden Gedanken an die Frau Heber und widmete sich ihrem Tee. Das Verscheuchen, Wegdrängen, oder wie immer man das auch nennen mag, dauerte allerdings nur bis zur Zigarette, sprich, bis zu Herrn Heinevetter. "Hamse schon gehört, Frau Meier, bei Hebers ist der Teufel los. Aber so richtig. Und das nur wegen der lieben Schwiegermutter. Also der Mutter von Herrn Heber." Grete hatte noch nicht gehört, aber den Wissensvorsprung von Herrn Heinevetter würde sie sicherlich in den nächsten 5 Minuten auf Null runterfahren. Zumindest war  jetzt schon mal geklärt, warum Frau Heber so komisch drauf gewesen war. Der Rest kam dann nach und nach von Herrn Heinevetter dazu. Grund für Frau Hebers offensichtliche Verärgerung, war nämlich ein ganz einfacher. Der übliche "FamilienfeierWermitWemdennnunHeiligabendkollaps". So wie Herr Heinevetter mitbekommen hatte, wollte die junge Familie Heiligabend unter sich feiern. 
"Kann man ja auch verstehen, Herr Heinevetter. Luis ist zwei Jahre alt. Jetzt kriegt er doch alles das erste Mal so richtig mit. Den leuchtenden Baum, die Geschenke. Das wollen die Hebers natürlich genießen. Alleine, ohne Anhang." Denn das war es nämlich was den geplanten Heiligabend der Familie Heber zu zerstören drohte. Der Anhang. Eher hier wohl in der Einzahl als in der Mehrzahl zu sehen. Also ein Anhängsel. Die Schwiegermutter von Frau Heber. Nicht, dass es keinen Schwiegervater gibt. Aber der ist eben nicht die treibende Kraft. "Dem isses nämlich wurscht, wo er Heiligabend verbringt, hat mir die Frau Heber erzählt. Hauptsache in Frieden!" Nach und nach erfuhr die Grete, dass die Schwiegermutter partout nicht einsehen wollte, dass ihr "Junge" Heiligabend alleine mit seiner Frau und seinem Kind verbringen wollte. "Das gabs noch nie, das gehört sich nicht ... " Seit zwei Wochen musste sich Herr Heber jeden Tag am Telefon Vorwürfe anhören. Die Hebers waren schon ganz verzweifelt. Denn, so hatte es Frau Heber dem Herrn Heinevetter erzählt, wenn die Schwiegereltern Heiligabend mit ihnen feiern, dann müsste sie auch ihre Eltern einladen. Dabei hatte sie sich alles so schön vorgestellt. Zuerst am Heiligabend mit Luis in die Kirche, dann ein schönes Essen und zu guter Letzt Bescherung unter dem Weihnachtsbaum.  Am ersten Weihnachtstag wollten sie dann zu Herrn Hebers Eltern fahren und am zweiten Tag zu ihren. "Nun ist wieder alles nur Stress. Einkaufen, vorbereiten. Weil ich essen machen muss für vier Personen mehr, kann ich nicht in die Kirche. Schwiegermutter isst keinen Gänsebraten, den ich aber doch so gerne machen wollte. Sie will Hasenkeule. Wild essen aber meine Eltern nicht. Also muss ich zweierlei machen. Das ganze Fest ist mir bereits jetzt schon verdorben. Dabei wollten wir doch nur eines. Einen friedlichen Heiligabend mit Luis verbringen. ALLEIN! Am liebsten, Herr Heinevetter würde ich verreisen." So hatte die Frau Heber ihre Misere dem Herrn Heinevetter geschildert.
Die Grete ging nach dem Gespräch nachdenklich in ihre Wohnung zurück. Von solchen Dramen hatte sie schon oft genug in der Firma gehört. Helfen konnte man da nicht. Noch nicht mal mit guten Ratschlägen. Auch wenn die Hebers ihr ehrlich leid taten, da mussten sie alleine durch. Grete goss sich noch eine Tasse Tee ein. Auch wenn es mit Sicherheit nicht immer leicht ist, alleine zu leben, in solchen Momenten war die Grete froh darüber. 
Spontan griff sie zum Hörer und rief Tante Heidi an. Nur um ihr zu sagen, wie froh sie ist, eine solch unkomplizierte Familie zu haben. "Ich freu mich auf Heiligabend bei euch, und Tante Heidi, koch was du willst. Ich ess alles."




Samstag, 14. Dezember 2013

Von Abschieden und Neuanfängen

Von Abschieden und Neuanfängen

Nu isse weg, das Lieschen. Hat sich aufgemacht zu neuen Ufern. Mit Herrmann und ohne das Fräulein Grete Meier. Eine große Abschiedsszene hat es gestern nicht gegeben. Lieschen weiß ja, dass die Grete nahe am Wasser gebaut hat. Also haben sich die zwei gestern noch einmal in ihrem Café getroffen. Lieschen hatte viele Fotos dabei von ihrem neuen Zuhause, die der Herrmann gemacht hat. Der ist nämlich schon da und hat die Bilder alle über das Netz geschickt. So saßen sie dann bei Apfelkuchen und heißem Kakao vor Lieschens Laptop. Das war gut so. Zwei Stunden ein "Nachvorneblick" und kein "Rückwärtsgeheule". Zum Abschied flossen dann doch noch ein paar Tränen. Die Grete hat dem Lieschen noch nachgeblickt, bis sie in der Menge der Weihnachtseinkäufer verschwunden war.

"Ich hätte heute morgen zum Bahnhof gehen sollen", sagte die Gete vorhin auf dem Balkon zu Herrn Heinevetter. "Ich hätte wirklich gehen sollen." Herr Heinevetter schaute sie aufmerksam an. "Ach wirklich, Frau Meier? Ist es nicht eher so, dass ihr Lieschen völlig recht getan hat, so einen Abschied zu vermeiden? Mal ehrlich, sie hätten doch nur Rotz und Wasser geheult und ihr Lieschen wäre mit einem schlechten Gewissen in ihre Zukunft gefahren. Wär auch nicht das Gelbe vom Ei gewesen, oder?"
Die Grete fühlte sich ertappt. "Ach Herr Heinevetter", seufzte sie. "Natürlich ist es besser so. Trotzdem ..." 
"Trotzdem, trotzdem, ach was papperlapapp. Nu kommense mal wieder runter. Burano ist nicht am Arsch der Welt. Praktisch umme Ecke. Und, die Angela heult auch nicht, nur weil der Pofalla jetzt geht!" Nun musste die Grete herzhaft lachen. Typisch Herr Heinevetter. Als ob Pofalla und Lieschen miteinander zu vergleichen sind. Im Grunde kennt sie den kaum. Hat sich nie um den Schatten von der Merkel gekümmert. Nur morgens hat sie oft gelacht, wenn in ihrem Lieblingsradiosender WDR2 mal wieder eine Comedyeinlage lief über die zwei. Schade, dachte sie, damit ist es jetzt wohl auch vorbei. Nie mehr "Sie sind so genial". Und nie mehr "Sie alter Schleimer". Das war immer Angies Antwort darauf gewesen. Ob sie wohl einen Ersatz für ihren Schatten und Wegbegleiter findet? Bestimmt. Für Lieschen aber, wird es keinen Ersatz geben. 
Grete verzog sich, nach einem kurzen Nicken in Richtung von Herrn Heinevetter, wieder in ihre Wohnung zurück und packte sich ihren Staubsauger. Das hilft immer, dachte sie, dabei kann ich gut nachdenken. Im Grund ist es doch selten dämlicher Quatsch, das mit dem Ersatz. Ich brauche ja für Lieschen gar keinen. Die ist ja nicht weg. Also für immmer. Sie ist noch da. Nur eben nicht hier, nicht zum Mittwochskaffee.
Während die Grete mit dem Staubsauger kreuz und quer durch die Wohnung flitzte stellte sie sich das Lieschen zwischen all den bunten Häusern vor. Von der Sonne gebräunt, mit weithin leuchtendem weißen Haarschopf. Mit jedem weiteren Bild aus ihrem Kopfkino hob sich ihre Laune wieder und die Traurigkeit verschwand. Zwischen all den Lieschenbildern tauchte sogar der Pofalla auf. Völlig losgelöst, weil er nicht mehr so schwer an der Angie und der ganzen Politik tragen muss. Irgendwie, hat er doch ein bisschen was vom Lieschen. Das Fräulein Grete Meier musste schmunzeln. Eine Entscheidung hat er getroffen, für sein weiteres Leben. Ebenso wie Lieschen schlägt er ein neues Kapitel auf. "Weißte was, Pofalla, es gibt noch andere Ämter für dich. Und Schleimen kannste auch woanders!"









Dienstag, 10. Dezember 2013

Das Fräulein Grete Meier war auch nicht da

Das Fräulein Grete Meier war auch nicht da

So wie die Merkel. Die war nämlich auch nicht dabei. Bei der Trauerfeier von Nelson Mandela. Dabei hätte sie sollen. Meint die Grete. Also die Merkel. Unbedingt. Schließlich waren sie alle da, die Mächtigen dieser Welt. Nur die Merkel eben nicht. Aus welchem Grund auch immer. Vielleicht wollte ihr Mann das nicht, weil er sonst wieder alleine hätte essen müssen. Oder sie verträgt das Klima nicht. Kann sein, dass sie auch nicht das richtige Haarspray hat. Wer weiß das schon. Grete weiß den Grund jedenfalls nicht. Ist ihr aber auch egal. Sie hätte da sein sollen. Punkt. Dass die gute Elisabeth nicht gefahren ist und nur ihren Charles hingeschickt hat, kann man ja noch verstehen. So eine weite Reise und das in ihrem Alter! Aber die Merkel? Also auf das Alter kann sie es nicht schieben. Auch nicht auf das leidige Frauenthema "Mein Kleiderschrank ist leer". Wissen wir doch mittlerweile alles, wieviele Kostüme und Hosenanzüge die Merkel in ihrem Schrank hängen hat. In allen Farbtönen der Welt.
Angie, denkt die Grete, Angie was du alles verpasst hast. Alleine schon die Rede von dem Obama. Und erst recht die Szene, als er dem Castro die Hand gereicht hat. Mensch Angie, was hätteste da alles an Symphatiepunkten sammeln können, wenn du justament in dem Augenblick danebengestanden hättest. Voll im Blickfeld der Kamera. Natürlich mit Tränen der Rührung in den Augen. Solche Momente färben ab. Auch auf dich. Tja, Chance vertan. Aber selbst wenn es diesen einen bestimmten historischen Händedruck nicht gegeben hätte, meinste nicht Angie, es wäre deine Pflicht gewesen nach Südafrika zu fliegen? So als Repräsentantin und Vertretung von all den deutschen Bürgern, die kein Geld haben für solch einen teuren Flug, aber gerne dem Herrn Mandela die letzte Ehre erwiesen hätten. Wie ich zum Beispiel. Ja da staunste, liebe Angie. Die Grete wäre wirklich gerne dabei gewesen. Ging aber nicht. Nichts mehr auf dem Konto. Bei der Bank nicht und auch das Urlaubskonto ist leer. Okay, die Grete hat Weihnachtsgeld bekommen, aber das ist für Winterreifen draufgegangen und für Geschenke. Und für "Ein Herz für Kinder". Über Flugkosten brauchst du dir ja immerhin keine Gedanken machen. Auch nicht über ein leeres Urlaubskonto. Wäre ja bei dir dienstlich gewesen. Und deinen Mann hätteste bestimmt auch mitnehmen können. Eine Frau, so ganz alleine in Südafrika, das kann ja keiner verantworten. Wirklich Angie, du hättest fahren sollen. Stell dir mal vor, so in dreissig Jahren. Uns Angie ist tot, und keiner geht hin. Also zur Trauerfeier.  Ja, jetzt kommste ins Grübeln. Aber zu spät. Wie schon gesagt. Du hättest fahren sollen. 

 Nelson Mandela *18. Juli 1918 5. Dezember 2013
Ein Mann, der seinen Traum von Freiheit und Gleichheit nie aufgab


Sonntag, 8. Dezember 2013

Das Fräulein Grete Meier hat ein Herz für Kinder

 Das Fräulein Grete Meier hat ein Herz für Kinder

Weihnachtszeit - Spendenzeit. So ist es nun mal. Wie sagte die Bankerin von Fräulein Grete Meier neulich: "Da spenden sie alle, als ob es nur zu Weihnachten Menschen und Tiere in Not gibt. Die wollen doch nur ihr schlechtes Gewissen beruhigen." Die Grete sieht das etwas differenzierter. Besser Weinachten spenden, als überhaupt nicht. Und wenn das Geld eben in der Zeit aus unerfindlichen Gründen lockerer sitzt, so what? Also "so what" hat die Grete natürlich nicht gesagt. Das war der Simon, als Grete ihm von ihrem Besuch bei der Bank erzählt hat. Dabei ist es meist nicht das schlechte Gewissen was es zu beruhigen gilt. Die Gründe, warum jemand spendet, sind recht vielfältig. Und niemand hat je ein schlechtes Gewissen erwähnt, wenn das Thema mal aufkam. Vor allem Rentner spenden vor Weihnachten. Auch Onkel Günther. "Grete", sagt er immer, "Grete, ich hab doch genug. Und ich weiß was es heißt, Hunger zu leiden." Ähliches sagt auch Frau Korters. "Meine Generation kennt Krieg, Leid und Hunger. Auch wenn ich nicht viel habe, an Weihnachten muss ich einfach was abgeben!" Susi kennt selber keinen Hunger und keinen Krieg. Nur aus Geschichtsbüchern. Aber sie spendet auch. Für Tiere. Grete findet das in Ordnung. Heidi Seelig spendet nie. "Ist doch für die Katz, die stecken sich das doch alle in die eigene Tasche. Das Geld kommt doch nie da an, wo es gebraucht wird!" Ein bisschen muss ihr die Grete da leider recht geben. Zu oft hat man da schon Negatives lesen müssen. Letztens erst hatte die Grete einen Bericht gesehen, in dem es um Altkleidersammlungen ging. Die Grete war ganz schön schockiert gewesen, dass der größte Teil der Kleidung irgendwo in Afrika landet. Aber nicht bei den ärmsten der Armen, sondern auf Verkaufstischen. Seitdem gibt die Grete ihre Sachen immer direkt in der Kleiderkammer der evangelischen Kirche ab. Ist zwar aufwendiger als zum Container zu laufen, aber effektiver. Also so gar nicht spenden, nichtmal an Weihnachten, findet die Grete doof. Deshalb hatte sie ja auch die Diskussion am Freitag in der Gemeinschaftsküche angeregt. Mit Einverständnis vom Chef. Der spendet nämlich jedes Jahr eine größere Summe an die Organisation "Ein Herz für Kinder". Vielleicht, weil er selber keine hat. Oder aus anderen Gründen. Grete ist das egal. Sie findet das gut. Denn bei "Ein Herz für Kinder" kann man auf der Webseite genau nachlesen, wohin das Geld wandert. Mal wird ein Spielplatz in einer Hochhaussiedlung gebaut, mal eine  Kita unterstützt. Oder eine Behindertenschule. Auch einzelne Kinder erhalten Hilfe. Da wird ein dringend benötigter Rollstuhl angeschafft oder auch eine ganze Wohnung behindertengerecht umgebaut, weil die Eltern sich das nicht leisten können. Zwei Drittel der Spenden bleiben in Deutschland. Auch das gefällt der Grete.
Und gestern war es ja mal wieder soweit. Der Spendenmarathon "Ein Herz für Kinder" im ZDF. Grete hatte am Freitag mit Simon, Susi, Eido und der Berta fleissig in der Firma gesammelt. Richtig stolz war sie, weil mit einem bisschen Überzeugungsarbeit jeder Mitarbeiter etwas in das Riesenschwein gesteckt hatte, welches Eido extra besorgt hatte. Was war das für ein Spaß gewesen, als es nachmittags geschlachtet wurde! Ein schönes Sümmchen ist dabei zusammen gekommen. Der Chef hat dann die Summe auf einen ansehnlichen runden Betrag aufgestockt.Und dann hat er die vier Sammler noch zu sich nach Hause eingeladen am Samstagabend. "Nichts großes, meine Frau macht nur ein paar Schnittchen. Wir haben doch diesen riesigen Fernseher. Da können wir uns gemütlich die Sendung anschauen." 
Der Abend war wirklich gelungen. "Auch wenn die Schnittchen nicht an ihre rankommen, Frau Meier", wie Eido später sagte. Grete ist daraufhin ganz rot geworden. 
Heute morgen hat sie dann gelesen, dass mehr als sechzehn Millionen Euro gespendet wurden. "Da wird einem ja ganz schwindelig vor so viel Hilfsbereitschaft", hat die Grete bei einer Zigarette auf dem Balkon zu Herrn Heinevetter gesagt. Der hatte die Sendung natürlich ebenfalls gesehen. "Und gespendet habe ich auch", sagte er stolz. "Fünfzig Euro! Ach Frau Meier, hamse schon von dem Pocher und der Lisicki gehört? Die sollen ja jetzt zusammen sein. Doll, wie der das immer schafft!"





Samstag, 7. Dezember 2013

Morgens um sieben ist Gretes Welt in Ordnung

Morgens um sieben ist Gretes Welt in Ordnung

Früh war sie heute schon auf. Das Fräulein Grete Meier. Durch ihre Küche zog der Duft von Kaffee und Rührei. Draußen dämmerte es bereits, aber noch immer warfen die Straßenlaternen ein besseres Licht ab als der nahende Morgen. Die Grete stand im Morgenmantel  mit einer Tasse Kaffee am offenen Küchenfenster und rauchte. Nach dem Sturm der letzten zwei Tage lag die Straße friedlich vor ihr. An der Bushaltestelle gegenüber trudelten nach und nach einige dick vermummte Gestalten ein. "Ist schon ein Segen", dachte die Grete, "dass ich Samstags nicht arbeiten muss." Sie drückte die Zigarette im Aschenbecher aus, schloss das Fenster und setzte sich an den Tisch. Gestern abend hatte sie mit Lieschen telefoniert, die voll im Umzugsstress steckt. Doch daran wollte sie jetzt nicht denken. Nicht an den Abschied. Der kommt, Grete, der kommt. Aber nicht heute. Nicht jetzt. 
Das Rührei schmeckte gut zu dem selbstgebackenen Brot von der Frau Korters. Die hatte ihr gestern Abend noch einen halben Laib vorbeigebracht. Wie so oft in letzter Zeit. "Ein ganzer ist zu viel für mich, Frau Meier, trocken mag ich es dann auch nicht mehr."
Kurz vor sieben. Grete schaltete das Radio ein. Wie immer WDR2. Somebody that I used to know... Grete mag das Lied. Leise summte sie es mit. 
Du bist einfach nur noch jemand, den ich glaubte zu kennnen. Wie oft mag das wohl passieren, fragte sich die Grete. Dass nicht mehr übrig bleibt als so ein Satz. Wie oft täuscht man sich im Leben in einem Menschen. Glaubt ihn zu kennen und dann passieren Dinge, die alles in Frage stellen. Vor allem das eigene Urteilsvermögen. Kann man wirklich frank und frei behaupten: Ich kenne dich? Ist es nicht vielmehr so, dass man nur meint, den anderen zu kennen? 
Grete goss sich eine zweite Tasse Kaffee ein. Während sie ihn in kleinen Schlucken trank, ließ sie ihren Gedanken freien Lauf. Dabei schmunzelte sie. Langweilig wäre es doch das Leben, wenn man alles und jeden genau kennen würde. Keine Überraschungen gäbe es dann. Gut, auf die negativen könnte man verzichten, aber diese vielen kleinen positiven Dinge, die sich oft auftun, die möchte Grete nicht missen. Die Susi fiel ihr ein. Immer ein bisschen sorglos, fast schon oberflächlich. So sehr auf ihr Äußeres fixiert. Und dann die Wandlung, als sie sich in Simon verliebt hat. Ach was, Wandlung. Das steckte schon vorher in ihr drin, nur keiner hatte es bemerkt. Auch nicht sie. Ja, dachte die Grete, Susi ist so jemand, den man zu kennen glaubt und der dann für Überraschungen sorgt.  Für gute wohlgemerkt. Was die gestern alles über Nelson Mandelea wusste! Grete war noch immer fasziniert von dem gestrigen Gespräch in der Firma. Ach was, Gespräch. Susi hat fast allein geredet. Hat die gesamte Lebensgeschichte erzählt. Wirklich erzählt und nicht nur alles, wie auswendig gelernt, heruntergerasselt. Später hatte die Grete dann mal nachgefragt bei der Susi. Die ist in der Schule auf das Thema Apartheid gebracht worden und das hat sie so beschäftigt, dass sie sich immer über die ganze Thematik auf dem Laufenden gehalten hat. "Und, Frau Meier, ich weiß auch alles über die Rassengeschichte in den USA und über Martin Luther King." Ganz still ist da die Grete geworden. "So sehr kann man sich in jemandem täuschen" - genau das hatte sie danach gedacht. Und der Susi dann auch gesagt. 
Jetzt, so in der Küche, morgens um kurz nach sieben, fielen der Grete noch viel mehr solcher Momente ein, in denen sie sich in anderen Menschen getäuscht hatte. Komischerweise nur positive Momente dieser Art. Grete gönnte sich einen dritten Kaffee und öffnete das Küchenfenster ganz weit. Tief sog sie die klare Morgenluft ein. Die Bushaltestelle war inzwischen leer, der Himmel hellgrau. Grete lehnte sich aus dem Fenster und schaute die Straße hinab. In vielen Fenstern blinkten weihnachtliche Dekorationen. Hier bin ich zuhause, dachte sie zufrieden. Hier in dieser Stadt. Hier in dieser Straße. Bei Menschen, die ich mag und die ich glaube zu kennen. "I´m dreaming for a white christmas..."



Mittwoch, 4. Dezember 2013

!!! Doppelt gebloggt hält besser - 2 ist da !!!

 

Als sozusagen krönender Abschluss des Projektes

"Das Fräulein Grete Meier 
und 
Lieschen Müller ihre Welt"

ist der zweite Teil unserer Bloggeschichten ab sofort
als E-Book verfügbar. 

Freut euch auf weitere 100 Bloggeschichten 
von Grete und Lieschen


Doppelt gebloggt hält besser - 2



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weitere Shops folgen 






Dienstag, 3. Dezember 2013

Das Fräulein Grete Meier und ihr Laster

Das Fräulein Grete Meier und ihr Laster 

Ein wenig Zeit hatte das Fräulein Grete Meier heute morgen noch im Büro, bevor der Trubel los ging. Das Handelsblatt war gelesen und so surfte die Grete durch ein paar Blogs, die sie, wenn es ihr die Zeit erlaubt, besucht. Virtuell versteht sich. Auf dem Blog von Irmi, hat sie dann etwas entdeckt. Neben den informativen Schilderungen von Bildern, die sich so alles in Kathedralen finden lassen. Irmi hat nämlich überlegt, ihr Lieblingslaster unter ihren Schreibtischstuhl zu kleben. Dann könne ihr Hinterteil meditierend darauf sitzen und der Versuchung den Kampf ansagen. Mit den Worten: Du kannst mich mal. Also richtig ausgedrückt und aufgrund der Tatsache, das das Laster nun unter dem Hinterteil sitzt - somit wortwörtlich genommen: Du mein Lieblingslaster, kannst mich mal am Arsch lecken. 
Die Grete hat laut gelacht. Zu komisch ist aber auch die Vorstellung, dass da so ein Laster unter dem Stuhl hockt. Komisch aber auch, dass man unter all seinen Lastern auch ein Lieblingslaster hat. Die Grete kam ins Grübeln. Hat sie etwa auch ein Lieblingslaster? Eines dem sie vor allen anderen Lastern den Vorzug gibt? 
Laster kommt von Last. Eine Last kann man entweder tragen oder nicht. Und wenn man sich schon für das Tragen entschließt, dann kann man sie auch irgendwann abstellen. Irgendwo. Vielleicht am Straßenrand. Oder zwischenlagern. Falls man sie wieder mal braucht, die Last, irgendwann. Man könnte so ein kleines Laster auch verstecken. Unter dem Mantel oder so. Damit es keiner sieht. Wobei, überlegte die Grete, das geht wohl nur, wenn es wirklich klein ist. So ein richtig großes Laster, das lässt sich nicht mal eben in die Tasche stecken.
Wer beurteilt denn, ob so ein Laster klein oder groß ist? Der der es trägt, der der es sieht? Grete ist überfragt. Immer tiefer dringt sie in ihre Gedanken ein. "Ist mein Hang zu Torte und Kuchen schon ein Laster? Naja, ein kleines vielleicht für mich. So ein persönliches. In den Augen von der Heidi Seelig wird es wahrscheinlich zu einem Monster anwachsen. Die achtet ja immer so auf ihre Figur. Ob ein Monster wohl unter meinen Schreibtischstuhl passt? Sicherlich nicht. Auch nicht unter den Stuhl von der Frau Seelig. 
Jetzt musste die Grete grinsen. Sie stellte sich ein riesiges, tortenvertilgendes rosa Moster unter ihrem Stuhl vor, das verzweifelt versucht ihrem meditierenden Popo zu entkommen. 
"Grete, komma zur Sache", schimpfte sie laut. "du schweifst wieder ab! Also los, geh in dich. Irgendwo muss doch auch DEIN Lieblingslaster lauern." Nur wo? 
Die Grete schaute unter ihren Stuhl. Aber da hockte nix. Noch nicht mal ein winzig kleines. Musste also woanders sein. Sie entleerte ihre Handtasche auf dem Schreibtisch. Auch da war alles normal. Auch in den Schubladen wurde sie nicht fündig. Nicht im Spiegel und nicht ... weiter kam sie nicht, denn der Chef steckte seinen Kopf durch die Tür. "Morgen Frau Meier,  wir müssen sofort ..." Und da hatte er sie wieder. Der Alltag. Die Gedanken vom morgendlichen Surferlebnis gingen im Bürostress dann völlig unter.

Total geschafft nach dem Tag, führte der erste Weg von der Grete, noch im Mantel, auf den Balkon. In Ruhe eine Zigarette rauchen wollte sie. Als sie es dann hörte, dieses "Hamse schon gehört" von Herrn Heinevetter, da wusste sie wie es aussieht - ihr kleines persönliches  Lieblingslaster. Und das, würde sie auf keinen Fall unter ihren Schreibtischstuhl kleben. 




Montag, 2. Dezember 2013

Das Fräulein Grete Meier und die Invasion der Pakete

Das Fräulein Grete Meier und die Invasion der Pakete

"So helfen sie mir doch Fräulein Meier, so helfen sie mir doch!" Doch so sehr Herr Heinvetter auch bettelte, das Fräulein Grete Meier rührte sich nicht vom Fleck. Starr vor Angst stand sie hinter der geschlossenen Balkontür. Sie zuckte zusammen, als zwei Pakete gleichzeitig auf ihren Balkon fielen. Die Sicherheitsvorrichtungen hatten schon wieder nicht funktioniert. Wahrscheinlich klemmt das Metallgitter, dachte die Grete. Dabei hatte sie erst letzte Woche alles überprüfen lassen. "Hoffentlich hat es der Herr Heinevetter rechtzeitig in seine Wohnung geschafft!" So langsam beruhigte sich die Grete und ihr Denkapparat kam auf Touren. Sie öffnete die Balkontür und spähte hinaus. Alles ruhig. Vorsichtig wagte sich die Grete auf den Balkon. Zu früh, denn ein weiteres Paket verfehlte sie nur um Haaresbreite. Mit einem Sprung rettete sich die Grete wieder zurück in ihr Wohnzimmer. Sie atmete schwer. Immerhin, die paar Sekunden hatten genügt. Herr Heinevetter war nicht mehr zu sehen gewesen. Grete zündete sich nervös eine Zigarette an und wartete. Erst heute morgen war sie ganz knapp einer Katastrohpe entronnen, als eine Paketinvasion in der Innenstadt niederging und mehrere Fahrzeuge fluchtartig versuchten den fliegenden Dingern auszuweichen. Keine Seltenheit zu dieser Jahreszeit, besonders in der Adventszeit muss man damit vermehrt rechnen. An vieles hatte man sich ja die letzten Jahre gewöhnen müssen, auch die Grete. Aber das? Nee, das ging der Grete gegen den Strich. Gut, es war eine Umstellung, als mehr und mehr Geschäfte schlossen. Irgendwann gab es dann kein einziges Geschäft mehr. Alles wurde im Internet bestellt und per Post geliefert. Auch Lebensmittel. Im Grunde alles was das Herz begehrte. Post, ach waren das noch Zeiten, dachte die Grete, wo ein netter Mensch an der Tür klingelte. "Ich hab hier ein Päckchen für sie, Frau Meier!" Schnee von gestern, dachte die Grete bitter. Zuerst wimmelte es von Onlinehändlern im Netz. Nach und nach wurden sie alle eliminiert. Jetzt gibt es nur eine einzige Bestelladresse für alle Waren dieser Welt. Amazon - Wonderland.
Gut, sie liefern schnell und wenn man nicht verhungern wollte, bleibt einem ja nichts anderes übrig. Aber diese Dinger, dieses kleinen mistigen künstlichen Amazonkrieger, die alles auslieferten, waren mittlerweile zu einen regelrechten Plage geworden. Und lebensgefährlich. Sie beherrschten den kompletten Luftraum. Die mit den kleineren Paketen gingen ja noch, denen konnte man ausweichen. Aber die größeren? Eine falsche Bewegung und man hatte so ein Ding im Rücken. Und das war wahrlich nicht angenehm. Auch nicht, wenn so ein Ding mal wieder an die falsche Adresse auslieferte und einem dann die Pakete nur so um die Ohren flogen. Und das passierte oft. Mehrere Verletzte und sogar Tote forderte die Paketinvasion jedes Jahr. Was hatte die Regierung erst neulich über Facebook verlauten lassen? "Ein bisschen Schwund ist immer - das gehört zum Fortschritt". Ja was soll denn noch alles verschwinden? Irgendwann auch der Mensch? Vielerorts ist er ja schon längst von Maschinen ersetzt worden. Grete schauderte es bei dem Gedanken an den Kindergarten unten an der Ecke. Personal gab es dort, wie an den Schulen, schon längst nicht mehr. Nur noch Roboter und Computer. "Das ist die Zukunft", hatte die Merkel vor zehn Jahren auf einer Großveranstaltung in ein Mikro gebrüllt. "Unsere Kinder werden es mal besser haben als wir." Tja, mit ihrer Zukunft war es dann wohl nicht mehr weit her. Die gehört heute den Bezos und Zuckerbergs dieser Welt. Die Angie steht wahrscheinlich heute ebenso auf irgendeinem Balkon und versucht die fliegenden Dinger mit den Paketen abzuwehren, wie die Grete und der Herr Heinevetter. 
Herr Heinvetter! Den hatte die Grete fast vergessen. Aufgeschreckt rannte sie aus ihrer Wohnung und klingelte gegenüber. Niemand öffnete. Grete klingelte noch einmal. Nichts. Panik überkam sie. Sie legte ein Ohr an die Tür. Da, sie hörte es ganz deutlich. In der Wohnung schrillte die Alarmanlage. Sie wurde lauter und lauter ...

Grete schreckte hoch. Zuerst wusste sie überhaupt nicht wo sie war. Immer noch schrillte die Alarmanlage. Erst nach ein paar Sekunden begriff sie, dass es die Weckfunktion ihres Handys war. Grete wischte sich den Schweiß von der Stirn. "Gott sei Dank, ich bin im Büro!", stöhnte sie laut. Nur ganz kurz ein Nickerchen halten wollte sie in ihrem Bürostuhl, während der Mittagspause. Letzte Nacht hatte sie nämlich nicht besonders viel Schlaf bekommen, weil sie ständig an Lieschen gedacht hatte. "Das hab ich nun davon. Alpträume wegen einer Zeitungsmeldung. Internethändler amazon will künftig Pakete per Drohne liefern"



                                              

Sonntag, 1. Dezember 2013

Das Fräulein Grete Meier ist baff

Das Fräulein Grete Meier ist baff

Das Fräulein Grete Meier ist ganz geplättet. Nichts, aber auch gar nichts hat in den letzten Wochen darauf hingewiesen. Konnte es ja auch nicht. Der Tod kündigt sich niemals an. Er kommt, wenn er meint, dass es an der Zeit ist. Dass ein entfernter Onkel von Herrmann verstorben ist, das hatte das Lieschen erzählt. Aber erst eben ist sie dann damit rausgerückt, dass besagter Onkel dem Herrmann in Venedig ein Haus vererbt hat.  "Grete, das musste verstehen. Der Hermann möchte dahin. Und mein Wunsch ist das auch. Wir haben lange geredet, der Hermann und ich. Du kennst mich doch Grete. Wenn nicht du, wer dann?"
Ja, so oder ähnlich hatte es das Lieschen der Grete heute nachmittag in ihrer Küche gesagt. An den genauen Wortlaut kann sich die Grete nicht mehr so richtig erinnern. Nur, dass das Haus hier vermietet wird und Lieschen noch vor Weihnachten mit dem Herrmann fahren wird. Ganz aufgeregt war sie gewesen. "Du glaubst gar nicht Grete, was wir noch alles erledigen müssen!"
Dabei hatte sich die Grete so auf den Adventskaffee mit Lieschen gefreut. Den ganzen Samstag hatte sie in der Küche verbracht, einen Gewürzkuchen und Plätzchen gebacken. Fünf Sorten. Heute mittag hat sie dann alles hergerichtet. Den Adventskranz auf dem Küchentisch platziert und alles festlich eingedeckt. Sogar das gute Geschirr mit dem Goldrand hatte sie aus der Vitrine geholt. 
Und nun das. Grete saß total matt in ihrem Sessel und starrte an die Wand. Lieschen war schon längst nach Hause gefahren. Nach einer Weile betrachtete sie das Foto in ihrer Hand. Lieschen hatte es auf den Küchentisch gelegt, um der Grete zu zeigen, wo sie zukünftig leben wird. Herrmann hatte es gemacht bei seinem letzten Besuch dort. Eine Träne löste sich aus Gretes Augen und tropfte darauf. Vorhin, mit Lieschen in der Küche, da hat sie nicht geweint. Zu sehr hatten Lieschens Augen gestrahlt, als sie der Grete von ihrer neuen Heimat erzählt hat. Grete versuchte sich zu erinnern, was Lieschen alles erzählt hat. 
Burano! Davon hat die Grete noch nie etwas gehört. Natürlich weiß sie wo Venedig ist. Aber Burano? Gut, dass es Wikipedia gibt. Und Google Earth. Lieschen hat ihr alles auf dem Computer gezeigt, nachdem die Grete sich augenscheinlich von dem ersten Schreck erholt hat. Eine Insel ist das, in der Nähe von Venedig. Mit vielen bunten Häusern. Und eines davon gehört jetzt dem Herrmann. Und dem Lieschen. 
Grete lachte leise vor sich hin. "Alles so schön bunt hier", fiel ihr ein. Eine Textstelle aus einem Lied von Nina Hagen. "Ja, Lieschen", sagte sie laut. "Da passte hin. Bunt ist immer gut." 
Energisch wischte sie sich die Tränen ab. Ebenso energisch griff sie nach dem Telefon. Lieschen nahm direkt ab, als wenn sie darauf gewartet hätte. "Weißte Lieschen, ich vermiss dich jetzt schon. Kein Mittwochskaffee mehr, schwer vorstellbar.  Aber dafür gibbet ja skype. Und Burano ist ja nicht aus der Welt. Bestimmt habt ihr ein Gästezimmer. Also, was ich dir eigentlich sagen will: Recht tuste. So eine Chance kriegt man nicht wieder. Und ich freu mich für dich und den Herrmann. Vorhin Lieschen, vorhin war ich einfach zu traurig, um dir das zu sagen." 
 Burano